In einer Zeit der Dauersondersendungen zu drohenden Katastrophen auf der anderen Seite unserer Kugel fällt es schwer, sich auf das fröhlich leichte der Erotik zu konzentrieren. Überhaupt haben Menschen, die im ihr Leben fürchten, weil sie zu wenig zu Essen haben, für Meinungs- und Pressefreiheit auf die Straße gehen und von der eigenen Regierung militärisch bekämpft werden, oder deren Land in Trümmern liegt und obendrein Nuklear versucht zu werden droht, ganz andere Probleme, als ihre erotische Selbstentfaltung. Und wir, sollten uns jetzt um unsere Kinks und Kicks drehen? Können wir das; dürfen wir das überhaupt? Oder verderben uns solche Meldungen ganz einfach die Lust an der eigenen Erotik?
7 Anhängerinnen und 4 Anhänger sadomasochistischer Erotik, trafen sich am 25.03.11 im Gesprächskreis SundMehr, um zu diskutieren, ob und inwiefern private oder globale Katastrophen Auswirkungen auf ihre erotische Lust haben. Nach der Zeit der Dauersondersendungen über die japanische Dreifach-Katastrophe, schleicht sich allmählich Routine ein und manche Unterhaltungssendung im TV lenkt vom Schock ab, berichtete ein Teilnehmer – Menschen können sich anpassen; nicht nur, wenn sie direkt betroffen sind, berichtete später ein anderer und dies trifft wohl auch zu, wenn man nur Zuschauer ist. Die moralische Frage, ob es angesichts des Leidens anderer gestattet ist, selbst Lust zu empfinden wurde von allen verworfen. Auch der Umkehrschluss, dass automatisch die Lust vergeht, wenn man von negativen Nachrichten hört, wurde abgelehnt, weil dies im Umkehrschluss bedeuten würde, dass die Konfrontation mit guten Nachrichten zu einer Steigerung der Lust führen müsse, fasste eine Besucherin treffend zusammen. Von einer sehr starken Fähigkeit sich abzugrenzen berichtete eine Besucherin, die als ausgebildete Notfallseelsorgerin, nach einem Einsatz nach Hause kam, wo ihr Partner ganz darauf eingestellt war, sie aufzufangen, weil nun das Wochenende sicher ganz gelaufen sei – was jedoch gar nicht nötig war, weil sie voll guter Laune und Energie eintraf; das erlebte Leid war draussen, am Unfallort geblieben. Dass persönliche Katastrophen und biographische Einschnitte nachlassende Lust bewirken, konnten die meisten Teilnehmer dagegen bestätigen. Allerdings ist dies ein Kennzeichen, erotischer Empfindungen und hat nichts Spezielles mit SM zu tun. Ein Teilnehmer berichtete, von Schwierigkeiten, wenn er sich ohnehin, in Schwierigen Situationen – wie z.B. nach einer Scheidung – ausgeliefert, fremdbestimmt und unterlegen empfindet, dies noch im Zusammenhang seiner Erotik als Lustvoll inszeniert zu erleben. Eine andere Teilnehmerin berichtete dagegen von einer Art des Auftankens; als sie einmal unter Druck und Stress gestanden habe, hätte sie gezweifelt, ob es ihr gut tun würde, sich in die Rolle der Submissiven zu begeben. Als sie es dann doch gewagt hatte, war sie erstaunt, welche Kraft und Stärke sie aus der Session gezogen hat, die sie dann für den Alltag gebrauchen konnte. Eine andere Teilnehmerin konnte die Erfahrung aus ihrer Fernbeziehung beisteuern, dass das Wegfahren zu den – wenn auch seltenen – Treffen mit ihrem „Dom“ an anderem Ort ihr gut ermöglicht, so ziemlich alles auszublenden und sich voll der Erotik zu widmen. Bei der Frage, wann SM zur Regeneration beiträgt, was als allgemeines Kennzeichen von Erotik betrachtet werden kann, tangierte das Gespräch die Save-Sane-Consensual- Fun – Regel: obwohl ja echte Erfahrungen der Hilflosigkeit, Unterwerfung und der Schmerzen gesucht werden, gibt es in der Regel eine feine Linie, die spürbar macht, wann aus dem Spiel existenzielle „Wirklichkeit“ wird und die erotische Lust vertreibt.
Datum: | 25.03.2011 |
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Uhrzeit | 20:00 Uhr |
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Anfahrt über B 14/B29: Anfahrt mit öffentlichen Verkehrmittel siehe Homepage der VVS |
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