Gemeinsamer Abend mit dem Arbeitskreis SM und Christsein

Der Arbeitskreis SM und Christsein veranstaltet vom 28. bis 30.10.2011 sein Bundestreffen gemeinsam mit dem Gesprächskreis SundMehr. Der Start dieses "AK SMuC meets SundMehr" Wochenendes, wird am letzten Freitag im Oktober in Form eines gemeinsamen Gesprächskreis-Abends an unserem üblichen Treffpunkt stattfinden, mit der Fragestellung: Wozu braucht die Szene einen "Arbeitskreis SM und Christsein".
Als sich vor 11 Jahren der Arbeitskreis SM und Christsein zum ersten Mal traf, waren da 13 Menschen, mit sadomasochistischen Neigungen, aus allen möglichen Konfessionen oder ganz ohne Zugehörigkeit zu einem Bekenntnis – mit Ausnahme dessen, zu ihrer sadomasochistischen Neigung. Die große Offenheit, mit der sich die Leute begegneten, brachte eine intensive Nähe mit sich, wie ich sie selbst vorher noch nie erlebt habe: Das gesamte Wochenende hatte eigentlich nur das gegenseitige Kennenlernen zum Inhalt und die Freude, endlich Leute gefunden zu haben, mit denen man über Glauben und SM sprechen kann. Unterschiede über Details der jeweiligen Glaubensüberzeugung waren genauso unwichtig, wie die Art, auf die man seine Sexualität im Spektrum SMiger Spielarten und Intensitäten leben will oder kann.
Aus Gesprächen mit anderen SMern vom heimischen Stammtisch, in Berlin, Regensburg, Friedrichshafen, Hamburg oder sonstwo brachten einige die Frage mit, wozu es denn so einen Arbeitskreis innerhalb der Szene geben muss. Sind wir nicht alle irgendwie christlich? Gibt es christlichen SM? Schränkt der Glaube an Gott den Spaß an SM ein, wo doch die Kirche(n) sich nicht gerade bezüglich Aufklärung und der Entfaltung körperlicher Lust hervortun? Schließlich steht in der Bibel immer mal etwas von tiefer Freude, aber doch nichts von Spaß? Und warum kann man sich als Christ unter SMern leichter outen, als umgekehrt?
Was will denn dieser Arbeitskreis, der sich jüngst auch beim BVSM-Kongress vorstellte http://www.youtube.com/watch?v=VE0sdzQYIEo und zu dem sich einige Teilnehmer von SundMehr auch halten? Selbsthilfegruppe für verklemmte Fromme oder Botschafter für Aufklärung über SM in der Christen-Szene sein? Wie sieht Christentum heute aus, wenn man mal alles außen vor lässt, was in seinem Namen seit 2000 Jahren ähnlich falsch gemacht wurde, wie z.B. in den letzten 140 Jahren unter dem Banner des Marxismus? Wir freuen uns, alle Teilnehmer des Arbeitskreises SM und Christsein, die auch aus dem hohen Norden der Republik angereist sind, um gemeinsam nicht nur diesen Abend, sondern auch das folgende Seminarwochenende „SM, Kirche und Gesellschaft – Von der Subkultur in die Kultur“ mit uns zu verbringen, das mit diesem gemeinsamen Abend mit dem Gesprächskreis SundMehr startet, bei dem auch Gesprächskreisteilnehmer anwesend sein werden, die nicht am gesamten Wochenende teilnehmen wollen.

Siehe auch: Bundestreffen des Arbeitskreises SM und Christsein (gemeinsam mit dem Gesprächskreis SundMehr)

Rückschau


Pressebericht Waiblinger Kreiszeitung vom 31.10.2011
Pressebericht Stuttgarter Zeitung vom 31.10.2011

Zum Start des gemeinsamen Seminar-Wochenendes mit dem „Arbeitskreis SM und Christsein“, fanden sich 17 Menschen mit sadomasochistischen Vorlieben am 28.10.2011 im Gesprächskreis SundMehr zusammen, um darüber zu sprechen, wozu die Szene diesen Arbeitskreis benötigen sollte.
Schon bei der Frage, ob und welchen Bezug die Anwesenden zur Kirche oder zum christlichen Glauben haben, stellten sich sehr unterschiedliche Prägungen durch den heraus.
Während dies bei einem der Teilnehmer auch ohne jegliche Verbindung zu SM zur kompletten Distanzierung vom Christentum führte, stand dies im Gegensatz zur tiefen Glaubensüberzeugung vieler anderer Besucher, an der auch Problemen mit der heimischen Gemeinde auf dem Hintergrund erwarteter Intoleranz bezüglich SM nichts änderten. Auch Form und Art wie der Glaube gelebt wird, war bei den Anwesenden sehr unterschiedlich, z.B. in der Art, wie Bibel gelesen und verstanden wird, wie groß die eigene Toleranz gegenüber anderen sexuellen Minderheiten ist und was vom eigenen Glauben erwartet wird.
Persönliche Statements, wie die Ansicht, dass derjenige, der seinen Glauben ernst nimmt selbstverständlich in Konflikte geraten kann, führten zu spannenden Diskussionen, weil für andere die Frage nach einem Coming-Out im kirchlichen, wie auch sonstigen Umfeld sehr selbstverständlich nicht in Frage kam, wodurch sich auch keinerlei Spannung zum Engagement in der Kirche entsteht. Besonders Arbeitskreisteilnehmer aus dem freikirchlichen Bereich, berichteten aber auch von Beispielen, bei denen ein offensives Coming-Out nicht möglich wäre, weil sonst mit Sicherheit die Verantwortung als Mitarbeiter (z.B. in der Jugendarbeit) entzogen würde, unabhängig davon, wie sehr man bislang gerade darin geschätzt wurde. Hier tauchte die Frage auf, ob das Alter der betreffenden eine Rolle spielt, weil jüngere Menschen vielleicht einen selbstverständlicheren Umgang mit ihrer individuellen Sexualität pflegen, da die eigene Sozialisation bereits in gesellschaftlich liberalere Zeiten fiel. Dem Wurde widersprochen, von einer Teilnehmerin ohne besondere christliche Sozialisation, die später einen Zugang zur evangelischen Kirche fand und noch später zu SM ohne jemals in Konflikte mit einem dieser Felder zu haben. Relevanter, als die Generationenfrage, fand sie die Prägung in Form von Regeln, Geboten und Verboten, die ein Mensch mit auf den Weg bekommt, was auch Bestätigung fand.
Ob Menschen, aus eher evangelikalen oder konservativen Kreisen ein Problem haben, ihre SM-Neigung zu akzeptieren, wurde dann diskutiert, wobei es hier schwierig war, die Positionen der verschiedenen Glaubensströmungen nicht gegeneinander zu stellen. Fast als zu liberal wurde da von den einen die evangelische Kirche empfunden, wobei zu wittern war, dass Christen aus der Landeskirche eine eher verbindliche, selbstkontrollierende Glaubenspraxis als zu eng oder weltfremd empfanden. Zur Sprache kam dabei Luthers „Rechtfertigungs-Lehre“, die ein Fundament evangelischer Glaubensüberzeugung darstellt: Wir sind gerechtfertigt! Wir brauchen nichts zu tun, um irgendwie errettet zu werden. Ergänzt wurde dies mit einem Fundstück aus dem Internet: „Wo man nichts tun muss, um gerettet zu werden, braucht man auch nichts zu lassen!“. Angesichts der vielfältigen Schwierigkeiten, die einige Teilnehmer aus dem Arbeitskreis mit der Spannung zwischen ihrem Glauben und Ihrer Neigung, bzw. dem Bedarf, dies in ihrer Gemeinde zu verheimlichen haben, wurde der Arbeitskries von einigen auch als eine Art „Selbsthilfegruppe“ betrachtet. Jedoch nicht im Sinne „Anonymer Alkoholiker“. Bedenken bestanden auch, weil der Begriff negativ besetzt ist und Hilfebedarf impliziert – wodurch SM pathologisiert zu werden droht. „Wer mit beiden Beinen auf dem Boden steht, hat die Probleme schon nicht, die Christen haben!“ konstatierte dann ein bewusst und fröhlich ungläubiger Teilnehmer, was zwar humorvoll provozierte, aber als genauso persönliche Aussage, wie manche der zuvor geäußerten Überzeugungen akzeptiert werden konnte. Als ein weiteres Ziel des Arbeitskreises wurde formuliert, Öffentlichkeitsarbeit in der Kirche zu leisten, damit niemand aufgrund seiner sexuellen Neigung stigmatisiert oder Diskriminiert wird; zumal, wenn er als Mitarbeiter gute Arbeit am Reich Gottes leistet.
Bei der Frage, ob es durch den Glauben besondere Grenzen gibt, die für einen Christen enger gezogen sind, als für einen anderen Menschen, stellten sich weitgehende Parallelen heraus. Zerstörerische Praktiken, die ein Christ ablehnt, würde auch jeder verantwortungsvolle SMer aus rein humanistischen Gründen ablehnen. Ein besonderer Punkt war für eine Besucherin das vor Gott abgegebene Eheversprechen. Zwar würde sie, mangels Interesse ihres Gatten an SM, außerhäusig spielen, dies jedoch mit dessen Einwilligung und unter Ausschluss von Sex in Form des miteinander Schlafens – zumal ihr „Dom“ auch selbst verheiratet sei. Kirche sei nicht alles im Leben, der Glaube könne einen nicht ernähren, meinte eine Besucherin, die selbst auch keinen Bezug zu Glauben hat und fragte, warum man sich zur „Kirche“ hält, wenn diese einem das Leben schwer machen kann, was aber letztlich unbeantwortet blieb. Mancher Arbeitskreisteilnehmer fand sich dagegen insbesondere, im Gebot, der Nächstenliebe, weil auch der Dominante Teil ja sein Gegenüber achten muss, und dem Partner in gewisser Form, mit seinen Handlungen „dient“. Christsein an sich hat mit SM jedoch ebenso wenig zu tun, wie mit Politik, meinte ein Teilnehmer, der auch Parteien als verlogen ablehne, die ihre Politik als „christlich“ definierten. Christlichen SM gäbe es auch nicht. Trotz teilweise hitziger Diskussionen, endete der Abend mit entspannten Gesprächen, zwischen Agnostiker, liberal oder evangelikal geprägten Christen beim anschließenden „gemütlichen“ Teil.

Veranstaltungsdaten:

Datum: 28.10.2011
Uhrzeit 20:00 Uhr
Ort:
Anfahrt:

Anfahrt über B 14/B29:
Ausfahrt Fellbach-Süd, dann Richtung Kernen-Rommelshausen, nach der Ortseinfahrt (Kernen-Rommelshausen) im ersten Kreisverkehr rechts in die Waiblinger Straße einbiegen, diese macht dann einen Linkskurve, danach in die Hauptstraße rechts einbiegen (unmittelbar nach der Bäckerei), der Straße folgen, das Gasthaus befindet sich an der linken Straßenseite

Anfahrt mit öffentlichen Verkehrmittel siehe Homepage der VVS

Kontakt: info@SundMehr.de