Basteln und Zweckentfremdung

Als der Markt für spezielles Zubehör und Spielgeräte in der SM-Szene noch nicht so groß war, wie heute, war für viele Sadomasochisten die erste Lösung zur Herstellung nützlicher Werkzeuge und Utensilien der Selbstbau. Mancher kam vom Bademantelgürtel zur Wäscheleine, und ein Klassiker ist sicher noch der erotische Besuch eines Baumarktes. Handwerklich begabte eignen sich Fähigkeiten in der Lederbearbeitung an - und mancher erdenkt sich ein Utensil, von dem er meint, dass es dies so auf dem Markt nirgends gibt, um es dann Jahre später in der Angebotspalette des einen oder anderen Shops wieder zu finden. Unabhängig davon ist ein Vorteil des Selbermachens sicher die Maßanfertigung, die die Fixierung perfekt, bequem und sicher macht, auf eine Weise, wie es sie bei Produkten von der Stange kaum gibt.
Auch in der Küche finden sich nicht nur Utensilien, die sich prima in eine SM-Session einbauen lassen, sondern - wie sich beim letzten Gesprächskreisabend 2017 zeigte - auch Rezepte, Ingredienzien und Themen, die sich bestens für SM-Sessions eignen und die Anwendung verschiedener Wärme- oder Kältesalben erfreut sich als aphrodisierendes Mittel bei manchem SMer großer Beliebtheit. Selbst der Bereich der Elektronik und IT kann inzwischen dem Bereich sinnvollen Zubehörs zugeordnet werden.
Wie sieht es bei den Gesprächskreisbesuchern aus? Welche Möglichkeiten der Zweckentfremdung von Alltagsgegenständen und des Selberbaus sind hier bewährt, um eine Session sinnvoll zu unterstützen? Wir wollen Euch auffordern, eigene Exponate mit zu bringen, zu erläutern, darzustellen - vielleicht fehlt auch dem einen oder der anderen noch ein Tipp für einen Selberbau, der von anderen sinnvoll aufgegriffen und umgesetzt werden kann.
Wir freuen uns auf einen Mitmach-Abend bei dem möglichst viele bereit sind, Exponate mit zu bringen und vorzustellen, selbst von ihren Erfahrungen zu berichten und ihre Ideen auszubreiten, egal ob aus Küche, Baumarkt oder Apotheke. Zeigt Eure Kreativität - vielleicht kann mancher davon profitieren, wenn er für Weihnachten ein geeignetes Präsent für seine liebste Sub oder seinen lieben Dom sucht.

Rückschau

11 Besucher des Gesprächskreises SundMehr trafen sich am 30.11. um sich über den Selberbau von sadomasochistischen Utensilien, oder der Zweckentfremdung von Alltagsgegenständen zu beschäftigen. Mehr als die Hälfte der Anwesenden hatte Erfahrung mit beidem, andere verstanden sich zwar als "Bastler" hatten sich aber noch kaum an Zubehör für SMigen Gebrauch gewagt. Ein Anwesender berichtete, dass seine Frau eher die Ideengeberin sei, sie selbst meinte, aus der Ehemaligen DDR stammend, sei dort das Basteln ohnehin weit verbreitet gewesen. Ein Dom habe sogar darauf bestanden, dass selbstgebasteltes Gerät zum Einsatz kommt. Erneut schwärmte ein Teilnehmer mit beruflichem Bezug zur Landwirtschaft von der Zweckentfremdung naturnaher Produkte, insbesondere der Möglichkeiten, die eine Lauchstange böte, selbst wenn diese auch schnell zerfledderte. Auch zwei Erstbesucher waren Teil der Runde, die auf dem Gebiet des BDSM noch wenig Erfahrungen hatten und sich interessiert daran zeigten, was so alles vorgestellt würde.
Als das Gespräch eröffnet wurde, berichtete ein Teilnehmer, er habe vor allem in Zeiten, in denen der Markt für SM-Utensilien noch nicht so groß war sehr viel selbst gebastelt. Vorteil wäre auch die Maßanfertigung. Eher auf schmerzhaftere Sessions stehend, hatte er die Erfahrung gemacht, dass bei der Fixierung der Arme noch oben, leicht taube Daumen oder wundgeriebene Handgelenke die Folge seiner reflexartigen Bewegungen in der Fesselung, unter schmerzhaften Schlägen. Als Beispiel für seine maßgefertigte Lösung, stellte er eine Art Bock vor, zu dem ihn ein (leider mit grünem) Kunstleder bezogener Kasten, zum Verstauen allerhand Utensilien inspiriert hat. Neben dem Bett stehend sieht dieser wie ein Nachtisch aus. Mittels selbst angefertigtem Untergestell, war er jedoch zu einer Art Bock umzufunktionieren, auf den der Erfinder in Bauchlage über dem Kasten geschnallt werden kann, so dass seine Arme nicht nach oben, sondern seitlich, nach hinten fixiert werden konnten. Dies sei bequemer und sicherer, wie er mittels mitgebrachter Fotos belegen konnte. Problematisch sei oft die Suche nach den jeweils passenden Beschlägen, weil einfach der Fachbegriff für die Internet Recherche fehlte. Eckige Krampen, durch die ein Spanngurt passt, der sonst zur Ladungssicherung verwendet wird, nennen sich "Gurtkrampen" - die extra stabilen Ösen, beim Möbelstück des Gesprächskreisteilnehmers findet man unter dem Suchbegriff "Kranöse" auf den ein Laie erst mal kommen muss, will er sich an den Selberbau wagen.
Im Baumarkt wird man dagegen oft durch Zufall auf nützliches Zubehör gestoßen, wie den Farbumrührer (2,90 ?) aus Holz, der herumgereicht wurde. Es entstanden Diskussionen, ob dieser auch stabil genug sei, oder gefährlich brechen und splittern könnte. Einer der Erstbesucher stellte die nicht unwichtige Frage, wie wir es denn überhaupt mit der Sicherheit handhaben würden. Wie schnell könne man losgemacht werden, wenn man zum Beispiel mit maßangefertigten Gurten regungslos und absolut unbeweglich gefesselt würde. Die Theorie, der bereit gelegten Verbandschere (oder dem Bolzenschneider) wich hier oft von der Praxis ab. Eine Lösung könnte auch hier aus dem Covern bestehen, wobei die Freunde, mit hoffentlich nahem Wohnort darum gebeten würden, wenn nach einer gewissen Zeit kein Telefonanruf käme, selbst anzurufen, oder vorbei zu schauen, um den regungslos fixierten passiven zu erlösen und die vielleicht in Ohnmacht liegende Aktive ärztlich versorgen zu lassen. Von der Überlegung eines Bekannten wurde berichtet, der nach einem "fail-save"-System suche, damit im Notfall - es kann ja sein, dass bei älteren Sadomasochisten gerade den aktive Partner eine Unpässlichkeit ereilt - die Fixierung sich selbst löst.
Zeitschlösser, wie sie im BDSM-Bereich vor allem für das Gebiet der Selbst-Bondage angeboten werden, können hier eine Lösung darstellen, doch fehlt bei Gurten noch das entsprechende Pendant. Für sich selbst sprechend nahm ein Anwesender eine "no risk no fun" Mentalität in Anspruch, die jedoch von den wenigsten geteilt wurde. Die Meinung wurde geäußert, dass selbst ein Selbstmörder im Sekundenbruchteil vor seinem Tod, sicher leben will - bezogen auf eine Session wäre dann doch die zunächst erregende Situation eher Panikbehaftet und alles andere als ein schönes Ableben.
Als die Runde zurückgefunden hatte zum Thema "Zweckentfremdung", wurden Spannriemen für Kinderwagen aus schwarzem Leder herumgereicht, die - mit Nieten verziert - im BDSM-Schwarzmarkt - sicher kaum unter 10,- ? kosten würden, beim Weltmarktführer der Internet-Shops jedoch für 2,99 ? pro Stück gefunden wurden und sich vielleicht nicht zum Befestigen von Körperteilen eigneten, aber doch ästhetisch genug waren, um Fixierungen zu fixieren.
Eine andere Variante der ästhetischen Zweckentfremdung - wenn auch innerhalb des Themas SM - war die Lösung, einen Overknee-Stiefel als Köcher für Rohrstöcke, Gerten usw. zu verwenden. Wer auf High-Heels und Lackoptik steht, den sprach das Utensil, das als Foto präsentiert wurde, sicher an - zumal es mittels kleiner Ketten als Tragegurte, noch über die Schultergehängt, mit zur nächsten Party genommen werden konnte. In der Straßenbahn ziehe man damit sicher alle Blicke auf sich, kam ein Kommentar und eröffnete die Diskussion, in wieweit man sadomasochistische Praktiken auch an der Öffentlichkeit durchführen konnte. Im entsprechenden Outfit herumzulaufen oder davon zu reden ist noch etwas anders, als live, vor den Augen der ungewollt einbezogenen Öffentlichkeit eine entsprechende Aktion durchzuführen. Es wurde auf die Gefahr der "Erregung öffentlichen Ärgernisses" hingewiesen, doch auch die Ungerechtigkeit bemängelt, dass ein knutschendes Paar auf einer Parkbank inzwischen schon nicht mehr darunter falle. Allerdings wurden auch Bedenken über gesellschaftliche Entwicklungen geäußert, die geäußerte Lust und gezeigte Sexualität schon als gefährlichen Sexismus brandmarkten. Schwierig war es, hier genaue Grenzen zu ziehen, ohne Binsenweisheiten, wie "Die Zeiten ändern sich halt" zu bemühen. Die Diskussion wurde teils hitzig, weil die Entwicklung auch zu Recht Übergriffe vor allem gegenüber Frauen ("Klaps auf den Po") al Sexismus zurückwiesen, während diese vor 40 Jahren noch gang und gäbe waren, wie mit einem Zitat der Abschlusszene von "Spiel mir das Lied vom Tod" belegt wurde. Bedenkt man, dass Frauen noch in den 70er Jahren ihren Mann fragen mussten, wenn sie eine Berufstätigkeit ausüben wollten, kann davon ausgegangen werden, dass diesem Verhalten mit großer Sicherheit ein wirklich anderes, abwertendes Frauenbild zu Grunde lag.
Um das Thema nicht weiter auszuweiten wurde angeregt, diesem einen eigenen Abend im nächsten Jahr zu widmen.
Zurück beim Thema der Zweckentfremdung wurden bereits einmal präsentierte Spannschlösser gezeigt, die ebenfalls im Baumarkt gefunden wurden. Sie ermöglichten es wo auch immer Zugspannung eingesetzt werden sollte, diese zu dosieren. Sofern sich der passive an den damit verbundenen Körperreiz gewöhnt hat, kann dieser erneut verstärkt werden. Weitere Themen, die angerissen wurden, war die Verwendung von Gleitmittel aus dem Veterinär-Bereich - die wesentlich günstiger sind, als solche aus dem Sex-Shop, sofern die Inhaltsstoffe keine Bedenken wecken. Theoretisch erörtert wurde der Einsatz von IP-Kameras, zur Beaufsichtigung, auch zwecks Sicherheit, eines über längere Zeit fixierten Subs. Hier fehlen noch Kenntnisse, wie diese so installiert werden könnten, dass das Signal das Heimnetzwerk nicht verlassen kann, denn die entsprechenden Bilder, will kaum ein Sadomasochist im Internet wissen.
Der Abend verlief teils in der üblich heiteren Stimmung, die jedoch auch von emotionalen, teils hitzigen Diskussionen gefärbt waren. Nach dem moderierten Teil, blieb die Runde noch einige Zeit länger zusammen.

Der nächste Gesprächskreis trifft sich am 25. Januar 2019 zur Themensammlung. Bis dahin wünschen wir allen Besuchern schöne (je nach Frömmigkeit auch gesegnete) Festtage und einen guten Rutsch ins neue Jahr.

Veranstaltungsdaten:

Datum: 30.11.2018
Uhrzeit 20:00 Uhr
Ort:
Anfahrt:

Anfahrt über B 14/B29:
Ausfahrt Fellbach-Süd, dann Richtung Kernen-Rommelshausen, nach der Ortseinfahrt (Kernen-Rommelshausen) im ersten Kreisverkehr rechts in die Waiblinger Straße einbiegen, diese macht dann einen Linkskurve, danach in die Hauptstraße rechts einbiegen (unmittelbar nach der Bäckerei), der Straße folgen, das Gasthaus befindet sich an der linken Straßenseite

Anfahrt mit öffentlichen Verkehrmittel siehe Homepage der VVS

Kontakt: info@SundMehr.de