Können wir noch träumen?

Unsere SM-Phantasien treiben uns an - viele Sehnsüchte nach bestimmten Erfahrungen manifestieren sich in den Drehbüchern unseres Kopfkinos. Und haben wir dann jemanden Gefunden, mit dem wir sie erleben wollen und können, droht die Realität uns einen Strich durch die Rechnung zu machen: zu toll vorgestellt aber praktisch nicht umsetzbar oder doch zu krass, es steht der Vorwurf "Wunschzettel-Sub" zu sein, im Raum. Will Dom(se) sich ja nicht zum Erfüllungsgehilfen degradieren lassen. Schließlich geht es in gleichem Maße um die Sehnsüchte beider Beteiligten - und um körperliche, oder emotionale Sicherheit; erträgt der Passive, was sich der Aktive so toll vorstellt? Natürlich muss dem Gewissen und gesunden Menschenverstand Folge geleistet werden, wenn die Warnlampe blinkt. Packen wir die Träume dann weg, oder klären wir das in der Kommunikation - oder bringt das nun wieder das schöne Paradox des SM ins Wanken, dass jemand willenlos sein will und erleben möchte, einvernehmlich keine Macht - oder alle Macht über den anderen - zu haben und je nach Rolle erst darum bittet, sie zu erhalten oder abgeben zu dürfen? Hier lauert Desillusionierung und Enttäuschung mancher so schön insgeheim zusammengebastelten Haltung für die Art der Ausübung seiner aktiven- oder passiven Rolle im erotischen Spiel. Es scheint so, als gäbe es mehrere Zensoren die einige Stellen im Kopfkino schwärzen, und dennoch scheinen die Inhalte noch durch.
Dabei kann das Mitteilen von Träumen, selbst wenn sie nicht so perfekt umgesetzt werden können, wie sie sich für den sehnsüchtigen Träumer anfühlen, immer noch eine Richtung weisen, für die der Weg das Ziel ist, und mancher Traum ist es für sich schon wert, geträumt zu werden, weil er uns helfen kann, herauszufinden, was wir eigentlich wollen.
Wie gehen wir also mit unseren Träumen um, wenn die Alltags- oder Beziehungsrealität sie bereits so stark einschränken oder gefährden? Lassen wir sie überhaupt noch zu, oder verdrängen wir sie möglichst schnell, damit die Harmonie der Beziehung nicht gefährdet wird? Wagen wir noch zu träumen?

Achtung! In Baden-Württemberg gilt seit 17.11.2021 die Alarmstufe Darum ist bei diesem Treffen zu beachten: Da wir uns im Nebenraum einer öffentlichen Gaststätte treffen, ist die Teilnahme nur Leuten möglich, die geimpft oder genesen sind und dafür ihren Nachweis dabei haben.

Und wie davor auch, wechseln wir ab 10 Personen vom kostenfreien Nebenraum in der Gastwirtschaft, in den größeren (mit Zugang über den Hintereingang) - legen dann aber die Raummiete gemeinsam zusammen (pro Nase, etwas mehr als 3,- ?)

Damit wir abschätzen können, wie viel wir sind, bitten wir um Anmeldung über info@SundMehr.de .

Bitte beobachtet die bekannte Mailingliste sofern es kurzfristige Änderungen gibt!

Rückschau

Trotz der in Baden-Württemberg geltenden Pandemie-Alarmstufe, trafen sich sechs Teilnehmer*innen, die alle gegen Covid19 geimpft waren, dennoch mit Abstand im gut gelüfteten Nebenraum, um sich darüber auszutauschen, welche Relevanz (erotische) Träume für sie haben.
Da auch zwei selten gesehene Teilnehmer dabei waren, lohnte sich auch bei der kleinen Anzahl anwesender die Vorstellungsrunde, die mit der Frage, "leiste ich mir meine Träume" verknüpft wurde.
Dass es dabei auf die Plattform der Kommunikation ankäme, erwähnte gleich ein Anwesender, voraussetzend, dass Träume kommuniziert werden. Schriftlich, via WhatsApp oder in Online-Communities fände er dies schwieriger, als bei Begegnung mit realen Personen. Klar, könne es dabei auch zu Enttäuschung kommen, die allerdings ja nur bedeute, dass eine Täuschung ende, was ja an sich etwas Gutes sei. In einem bunten Strauß von Aspekten drückte er auch aus, dass die Senkung einer Erwartung die Diskrepanz zwischen Traum und Realität verringern könne.
Der Umgang mit Träumen fiele ihr nicht leicht, meinte die nächste Anwesende und bekannte damit auch, dass sie selbst eigentlich wenig besondere Träume habe, sondern dass es ihr um die Träume ihres Partners ginge. Für sie ergebe sich daraus eine hohe Erwartungshaltung, die sie möglichst gut erfüllen möchte, woraus sich für sie ein Druck ergebe, der die Erfüllung geradezu unmöglich mache.
Der nächste Gast gab an, dass er bezüglich SM nur theoretische Erfahrungen habe - er müsse seine Träume nicht ausleben. Wolle andererseits jetzt, nach seiner Scheidung nachholen, was er sich bislang versagt habe. Wesentlich sei ihm dabei, dass das Gegenüber sich nicht verbiegen müsse.
Eine andere Anwesende, die sich im Transitionsprozess befindet, fand, dass sie sehr wohl Träume habe, die dann aber vor allem an finanziellen Möglichkeiten scheiterten.
Auf sehr viel Erfahrungen im professionellen Bereich der sadomasochistischen Subkultur, blickte der nächste Teilnehmer zurück. Dabei stellte sich heraus, dass für ihn vor allem reale Erfahrungen der Stoff waren, aus dem sich seine Träume zusammensetzen - der Regisseur seines Kopfkinos schien Realist oder Dokumentarfilmer zu sein. Die Basis für die Qualität seiner Erfahrungen stellte die Art der Begegnung mit anderen dar, wobei er sich im Klaren darüber war, dass sein Kopfkino nicht real ist.
Beim abschließenden Statement stellte ein Teilnehmer dar, dass seine Träume ihm wichtig seien, weil sie ihm zeigten, wie sehr er in Kontakt mit sich selbst sei. Voraussetzung sei für ihn, dass er wenig Stress habe, der ihn von seinen Träumen abhalte. Dabei hätten Träume immer eine eigene Qualität, könnten auch ins utopische oder perfekte gehen. Auch wenn sie kaum ganz in Erfüllung gingen, zeigten sie ihm, was er eigentlich anstreben und erleben wolle. Was dann zähle, wäre die Realität, selbst wenn diese seinen Träumen kaum voll genügen könne. Aus der Runde wurde an dieser Stelle ein Zitat von Marie von Ebner-Eschenbach eingeworfen: "Nenne dich nicht arm, wenn deine Träume nicht in Erfüllung gegangen sind; wirklich arm ist nur, der nie geträumt hat."
Für die meisten schien es ein Lebensthema zu sein, Träume zu haben, obwohl diese oft scheitern. Die Einzige, die dies in sexueller Hinsicht nicht von sich sagen konnte, betonte, dennoch Träume gehabt zu haben, die sie oft auch zur Erfüllung bringen konnte. Erotische Träume, die sie allerdings schon habe, ließen sich im Schlafzimmer kaum verwirklichen, weil die Rahmenbedingungen nicht vorhanden waren, die aus Publikum, großzügigem SMigem Ambiente und der passenden Ausstattung bestanden. Die Teilnehmerin, die ihren Traum den Schritt vom Mann zur Frau zu gehen aktuell wohl am radikalsten umsetzte, wurde gefragt, ob es sich dabei - in diesem Sinne - um einen Traum gehandelt habe, und ob es noch Träume geben, die sie auch jetzt noch vorwärts trieben. Ihre Antwort zeigte, dass auch ihre Träume sich aus der Erinnerung speisten; wurden doch einige bereits bekannte Erlebnisse berichtet.
Wenn ein Traum allerdings zur Erwartungshaltung wird und diese eine Kluft zur Realität schafft, scheint Enttäuschung vorprogrammiert, kam ein Teilnehmer auf sein Eingangs-Statement zurück. Dabei betonte ein anderer allerdings, dass es ihm selbst nicht gut täte, wenn seine Träume verraten würden. Die Strategie, den Traum als ausformuliertes Drehbuch zu skizzieren, birgt immer die Gefahr, dass Lebendigkeit erstickt wird und wenn die Regieanweisung genau befolgt wird, ein genauer, vorhersehbarer Ablauf entstünde. Dann könne er es sich "auch selbst tun" und dabei gleich im Kopfkino eins zu eines umsetzen, was er sich wünschte, was ja auch etwas für sich habe; so ganz ungestört von einer anderen Person sich diese und ihr Verhalten nur auszumalen, darin zu schwelgen und dabei sexuelle Befriedigung zu erleben...
Ein Teilnehmer erwähnte seine wiederkehrende Erfahrung damit, von einem anderen Berufsleben zu träumen, sich dann aber zu sagen, dass es bei einem anderen Arbeitgeber sicher auch nicht besser sei und somit die Umsetzung seiner Träume und Wünsche nach Veränderung abzubrechen. Von ganz frischen, heilsamen Erfahrungen - durch die Corona-Maßnahmen - konnte dagegen ein anderer berichten: Durch die Umstände und Zwangsmaßnahmen der ersten Pandemie-Welle wurde er aus seinem bisherigen Berufsleben geworfen, mittels einer zeitweiligen Versetzung durch seinen Arbeitgeber in einen ganz anderen Bereich. Die Macht- und Hilflosigkeit weckte bei ihm Abenteuerlust und Offenheit für eine neue Situation. Risiken und Unbequemlichkeiten hatte er nicht zu verantworten, weil er ja umständehalber gezwungen wurde. Ein Prozess wurde in Gang gesetzt, der ihn aus einer Lethargie riß, seinen Arbeitsplatz zu verändern und schließlich die berufliche unbefriedigende Situation zu beenden und somit entscheidend zu verbessern.
Gibt es hier vielleicht eine Parallele zu vielen Träumen von Sadomasochisten und ist daher das Thema vor allem eines, dass die "passiven" trifft, die im Zwang und in der Hilflosigkeit Räume finden, sich emotional zu entfalten und neue Denkweisen und Entscheidungsraum erleben können?
Die Frage blieb genauso angerissen und ungeklärt, wie auch die, wer wessen Traum erfüllt: der Sub den des Dom, oder dieser die des Sub? Wer hat die Macht, wer dient wem? Ein auf submissiver Seite stehender Teilnehmer hatte zu Beginn seiner Beziehung die unerwartete Erfahrung gemacht, dass er auch auf die aktive Seite wechseln konnte und die Session hinterher genauso befriedigend empfunden hatte, wie die bisherigen, bei denen er "unten" war.
Allerdings war ihm klar, dass er letztlich das, von dem er sich wünschte, dass dies mit ihm gemacht würde, weil es sich für ihn gut anfühlte, seiner Partnerin zukommen ließ - und also nur seine Sehnsüchte / Träume / Wünsche auf sie projiziert hatte. Er war von seinen, nicht von ihren Wünschen ausgegangen (was zum Glück für die Partnerin damals in Ordnung war). Ist switchen vielleicht die wirkliche Seite, sadomasochistischer, gemeinsam empfundener Erotik und bei scharfer Trennung dominante Vorlieben gar nicht das Gegenstück, sondern im Kern irgendwie ganz was anderes, als submisse? Wie könnten aktive Sadomasochisten solche Höhen fühlen, "fliegen" wie passive? Aber wie können sich beide Partner dann noch gerecht werden, ohne dass einer doch nur Dienstleister des anderen ist? Das Thema erweiterte sich immer weiter von der reinen Frage des "Träumens", hin zu dem, wie man mit seinen Sehnsüchten praktisch umgeht.
Den christlichen Gedanken, dass man den anderen so lieben sollte, wie sich selbst, verband ein Teilnehmer eher mit Erfahrungen aus dem Tantra.
Als Fazit zum Abend bezog sich ein Teilnehmer auf Erwin Schrödingers These, dass das Bewusstsein nicht erklärt werden kann - Ein anderer, ergänzte, dass wenn Träume erfüllt würden, ja eine gewisse Zielvorstellung verloren ginge. Besser sei es, wenn immer etwas erstrebenswertes übrig bliebe.
Der dann folgende unmoderierte Teil ging noch mit einigen intensiven Gesprächen in die nächste Runde.

Wann die nächsten Gesprächskreise im nächsten Jahr stattfinden, hängt von der Weiterentwicklung der Infektionszahlen ab. Unter 2G+ Bedingungen würde kein Gesprächskreis stattfinden.
Um so mehr wünschen wir allen Teilnehmern, vor allem keine Ansteckung in den kommenden Wochen frohe Weihnachten und einen gesunden Jahreswechsel!

Veranstaltungsdaten:

Datum: 26.11.2021
Uhrzeit 20:00 Uhr
Ort:
Anfahrt:

Anfahrt über B 14/B29:
Ausfahrt Fellbach-Süd, dann Richtung Kernen-Rommelshausen, nach der Ortseinfahrt (Kernen-Rommelshausen) im ersten Kreisverkehr rechts in die Waiblinger Straße einbiegen, diese macht dann einen Linkskurve, danach in die Hauptstraße rechts einbiegen (unmittelbar nach der Bäckerei), der Straße folgen, bis zum nächsten Kreisverkehr. In diesem rechts (erste Ausfahrt) Richtung "Alte Kelter, Sportanlagen, Kleingartenanlagen" in die Kelterstraße. Dieser ca. 650 m folgen, bis zum Sportplatz.

Anfahrt mit öffentlichen Verkehrmittel siehe Homepage der VVS

Kontakt: info@SundMehr.de